Skara Brae. Endlich ging es zu meinem Sehnsuchtsort! Da war es auch egal, dass wir das Auto auf dem Festland zurücklassen mussten, dass es ungelogen nur 12 Grad waren, dass Sturmböen über die Insel peitschten und uns der Regen auf die Kapuzen trommelte. Ich war endlich da.

Skara Brae
Warum war mir Skara Brae eigentlich so wichtig? Um das zu verstehen, muss ich ein wenig weiter ausholen.
Skara Brae ist eine der am besten erhaltenen prähistorischen Siedlungen in Europa. Sie stammt aus der Jungsteinzeit und wurde um 3180 v. Chr. erbaut, was sie älter als die Pyramiden von Gizeh und Stonehenge macht (!).
Die Siedlung geriet über Jahrtausende in Vergessenheit, bis sie 1850 nach einem schweren Sturm wiederentdeckt wurde, der die Sanddünen freilegte, die Skara Brae seit langer Zeit bedeckt hatten. Der Laird von Skaill, William Watt, begann daraufhin mit ersten Ausgrabungen, die später von Archäologen intensiviert wurden. Fotografien von den ersten Ausgrabungen sieht man übrigens auf dem Gelände.

Skara Brae besteht aus acht Steinhäusern, die durch enge Gänge miteinander verbunden sind. Die Häuser sind bemerkenswert gut erhalten, da die Bewohner viele Möbelstücke, wie Betten, Schränke und Vorratsbehälter, aus Stein fertigten. Wenn man von oben in die Behausungen schaut, sieht man ganz deutlich, wie die Menschen dort einst gelebt haben. Ernährt hat man sich von Viehwirtschaft, der Jagd, dem Fischfang und dem Getreideanbau.

Die Siedlung war etwa 600 Jahre lang bewohnt, bevor sie aus unbekannten Gründen aufgegeben wurde.
Für die Wissenschaft hat Skara Brae eine immense Bedeutung, da sie tiefe Einblicke in das Leben der Jungsteinzeit gibt. Archäologen entdeckten zahlreiche Artefakte wie Werkzeuge, Keramiken und Schmuckstücke, die auf das alltägliche Leben und die gesellschaftlichen Strukturen der damaligen Menschen hinweisen.
Besonders bemerkenswert ist, dass es in der Siedlung keine erkennbaren sozialen Hierarchien gab, was Skara Brae von anderen prähistorischen Stätten unterscheidet.

Wie erwähnt, war das Wetter nicht besonders freundlich zu uns. Ich war mehr damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass mir das Handy beim Fotografieren nicht vom Wind aus der Hand gerissen wurde, als dass ich länger den Anblick in mich hätte aufnehmen können. Sei’s drum. Deshalb macht man schließlich Fotos. Zuhause angekommen konnte ich mir die Strukturen dann in alle Ruhe anschauen.


Um dem Sturm zu entkommen, sind wir noch in das Skaill House gegangen, das aber angesichts seines spektakulären Nachbarn völlig verblasst. Immerhin konnten wir so für einige Zeit dem Wetter entkommen. Außerdem gab es auf dem Gelände noch eine Rekonstruktion eines solchen steinzeitlichen Hauses, damit man ein Gefühl dafür bekam, wie es sich wohl in diesem Behausungen gelebt hat. Nun, ich kann sagen: Es war dunkel, aber irgendwie auch kuschlig.
Mein Fazit: Ich bin wirklich froh, dass wir es am Ende doch noch trotz aller widrigen Umstände nach Skara Brae geschafft haben. Aber im Vergleich zu den Live-Ausgrabungen am Ness of Brogdar war dies wie eine Reise nach Disneyland. Schließlich war alles beschildert, museal aufbereitet und der Artefakte beraubt. Es war dennoch natürlich einzigartig und ein Erlebnis, das ich so schnell nicht vergessen werde.
Tip: Wen so ein Thema übrigens genau so brennend interessiert wie mich, der sollte auch mal Malta als Reiseziel in Betracht ziehen, vor allem das Hypogäum.


Stromness
Da die Versorgungssituation in der Kantine des Besucherzentrums subpar war, sind wir mit dem Bus wieder zurück nach Stromness, wo wir bereits ein gutes Restaurant erspäht hatten. Nach einem leckeren Mittagessen aus Miesmuscheln und Pommes erkundeten wir noch den alten Fischerort.

Viel los war nicht, aber die zentrale Straße, eng und von alten Fischerhäusern gesäumt, die rückseitig direkt aufs Hafenbecken hinaus gingen, hatte einen gewissen Charme. Wir lasen die Plaketten über bekannte Persönlichkeiten und erfuhren so unter anderem, dass Stromness einst Stützpunkt für die Hudson Bay Company war, die hier Seeleute für ihre Erkundungsfahrten in Nordamerika rekrutierte.


Warum ist das eigentlich so, dass die kleinsten Orte die spannenden Museen haben? Das hatten wir ja schon in Wick gesehen, aber auch Stromness stand dem Ganzen in nichts nach.
Besonders fasziniert hat mich im Stromness Museum die Geschichte einer jungen Frau namens Eliza Fraser, die im frühen 19. Jahrhundert in Australien Schiffbruch erlitt und nach ihrer Rettung von den Gebräuchen und Riten der Aborigines zu erzählen wusste. Im Museum gibt es Abschriften und Kopien ihrer Briefe, die wir alle penibel abfotografiert haben, denn als Halbaustralierin finde ich die Geschichte wahnsinnig faszinierend, und ich könnte mir vorstellen, das eines Tages mal zu einem Roman zu verarbeiten.


Am späten Nachmittag ging es dann wieder mit der Fähre zurück aufs Festland. Ich, mein Mann und ein halbes Dutzend neue Bücher.