Autor

SilkeElzner

Als ich damals für „Die letzte Fehde an der Havel“ recherchierte, war ich fasziniert vom Stand der Kaufleute und Krämer. In den aufstrebenden Städten des Mittelalters erreichten sie mit ihrem Reichtum etwas, das dem Bürgertum bzw. dem dritten Stand bislang verschlossen geblieben war: Einfluss, Macht und Wohlstand. Man denke nur an die Fugger, die es mit den Großen der damaligen Welt aufnehmen konnten. Wenn wir heute durch eine vom Krieg größtenteils verschonte Innenstadt schlendern, dann sind es meist die Häuser der Kaufleute, die uns innehalten und staunen lassen. Drei, vier Stockwerke sind sie hoch, aufwändig verziert – ja, beinah protzig und zweifellos selbstbewusst.

Stralsund ist so eine Stadt, die vom Krieg relativ verschont geblieben ist. Dank ihres reichen Erbes an sogenannter Backsteingotik zählt sie zum UNESCO-Weltkulturerbe. Grund genug also, das Stadtmuseum aufzusuchen – nur leider war dieses während unseres Besuchs vor ein paar Wochen größtenteils geschlossen. Aber eines der Häuser war geöffnet: ein 700 Jahre altes Krämerhaus.

Man muss wissen, dass Krämer nicht gleich Kaufleute sind, auch wenn die Ausdrücke oft synonym verwendet werden. Ein Kaufmann war jemand, der mit Waren über weite Distanzen handelte, oft von Business zu Business. Ein Krämer hingegen verkaufte direkt an den Kunden und unterhielt zu diesem Zweck ein günstig gelegenes Haus – direkt am Markt oder nicht weit davon entfernt.

Nicht viel lässt erahnen, dass das Haus in der Mönchstraße 38 in Stralsund ein solches Alter auf dem Buckel hat. Das liegt vor allem daran, dass es zwei Vorbauten hat, in denen unter anderem ein Buchgeschäft angesiedelt ist. Aber wenn man dazwischen hindurchgeht, steht man plötzlich in einer Diele aus der Zeit des Barock. Eine Diele war eine Art Einfahrt, wo man be- und entladen konnte. Später kamen bei diesem Haus Einbauten hinzu, zum Beispiel ein Klosett (ja, genau, fürs andere „Geschäft“) und eine verglaste Kammer, die etwa als Logierzimmer gedient haben könnte.

Hier bekommt man zunächst ein, zwei kurze Filme gezeigt, denn dass das Haus nach all der Zeit (und der DDR) überhaupt noch steht, grenzt an ein Wunder – und ist vor allem einer sehr umsichtigen und aufwändigen Denkmalpflege zu verdanken. Hier erfährt man auch, dass das Haus zeitweise von bis zu sieben Parteien bewohnt war. Angesichts des baufälligen Zustands Ende der 1990er-Jahre ist das kaum vorstellbar.

Doch zurück ins Mittelalter: Wie wir bei unserem Besuch erfuhren, lebten die ersten Besitzer des Hauses nicht im Gebäude selbst, sondern in einem Anbau im Hof. Das ist umso erstaunlicher, wenn man sich die Größe des Hauses vor Augen hält: Hier konnten Waren auf ganzen sechs Etagen gelagert werden. So groß wirkt das Haus von außen gar nicht – aber das liegt daran, dass im Dachgeschoss die Stockwerkhöhe massiv nachlässt.

Das mittelalterliche Wohnhaus der Familie existiert heute nicht mehr (an seiner Stelle befinden sich nun ein Treppenhaus als Fluchtweg sowie die Sanitäranlagen), dafür kann man im Haupthaus sehen, wie die jeweilige Besitzerfamilie in der Biedermeierzeit gelebt hat – inklusive Schwarzküche, guter Stube, Arbeitszimmer und etlichen Lagen von Tapeten.

Darüber beginnt dann der Dachstuhl – ganze vier Etagen davon. Man muss sich als Besucher schon ein wenig trauen, die engen Stiegen hochzukraxeln, um ganz nach oben zu gelangen. Doch der Aufstieg lohnt sich: Das Haus verfügt bis heute in seinem Zentrum über einen mittelalterlichen Lastenkran, mit dem mittels eines verschließbaren Schachts Waren nach oben gehievt werden konnten.

Ein eindrucksvoller Zeitzeuge über die Jahrhunderte. Ich konnte natürlich nicht widerstehen und habe mir ein Büchlein mitgenommen, das die Geschichte, den Aufbau und die Restaurierung des Gebäudes näher beleuchtet.

Fazit: Für Mittelalterfans, die Stralsund (oder Rügen) besuchen, ein absolutes Muss.

Kindheit in der Hölle – Stephen Kings düstere Fantasie im „Institut“

Ich bin mit Stephen King großgeworden und habe als Pre-Teen so ziemlich alles verschlungen, was er bis dahin veröffentlicht hatte – inklusive der Bücher unter seinen Pseudonymen wie Richard Bachman. Seitdem sind gefühlt noch fünfzig weitere Romane hinzugekommen, da musste ich irgendwann einfach kapitulieren. Mein absoluter Lieblings-King bleibt Friedhof der Kuscheltiere – vor allem, weil die Geschichte so stimmig ist. Das ist bei King nicht selbstverständlich. Als Bauchschreiber, der offenbar lossprintet, sobald ihn eine Idee packt, ist er berüchtigt für schwächelnde Enden. Man denke an den esoterischen Abschluss von The Stand oder das zerfaserte Finale von Es. Trotzdem: Der Weg dorthin ist fast immer unterhaltsam.

Das Institut sprang mir ins Auge, weil ich es in Literaturkreisen immer wieder erwähnt fand – und zwar mit überraschend viel Lob. Ich war neugierig und stürzte mich ohne Klappentext ins Abenteuer. Kurz gesagt: Im titelgebenden Institut werden Kinder mit übernatürlichen Fähigkeiten wie Telekinese oder Telepathie festgehalten und für militärische Zwecke ausgebeutet. Die Methoden sind brutal, die Folgen verheerend – viele dieser Kinder enden als apathische Hüllen ihrer selbst. Jahrzehntelang bleibt das verborgen – bis ein neuer Junge eingewiesen wird: hochintelligent, mutig, und entschlossen, zu entkommen.

So weit, so King. Besonders spannend ist der Einstieg: Statt direkt ins Institut einzutauchen, begleitet man zunächst über etliche Kapitel einen Ex-Polizisten, der auf verschlungenen Pfaden in einer Kleinstadt landet und dort als Nachtwächter arbeitet. Erst danach erfolgt der abrupte Szenenwechsel zum Institut – ein erzählerischer Bruch, den sich vermutlich nur Stephen King leisten kann. Ich wüsste gern, wie viele Leser:innen das erste Kapitel beim zweiten Drittel des Buches bereits vergessen hatten. Vielleicht ist das genau so gewollt.

Im weiteren Verlauf verläuft alles recht erwartbar – was schade ist. Die Geschichte nimmt ihren typischen Lauf: Flucht, Widerstand, Explosionen, Opfer. Auch Figuren, die einem ans Herz gewachsen sind, überleben nicht. Trotzdem fehlten mir überraschende Wendungen oder erzählerische Risiken. Das Institut liest sich streckenweise wie ein Echo früherer Werke (FirestarterCarrieDie Arena) – solide, spannend, aber nicht bahnbrechend.

Und doch bleibt der Roman lesenswert. Vielleicht, weil King hier nochmal Kind sein wollte – oder zumindest nachfühlen, wie sich Kindheit in Extremsituationen anfühlen könnte. Inmitten von Gewalt, Überwachung und Manipulation steht das, was King oft am besten kann: eine düstere Coming-of-Age-Erzählung mit großem Herzen.

Fazit: Unterhaltsam, düster, typisch King – mit erzählerischen Längen und einem klaren Ende, das erfreulich rund ist. Kein Meisterwerk, aber ein solider Beitrag im King-Kanon.

Titel: Das Institut
Autor: Stephen King
Verlag: Heyne Verlag, 2019
Originaltitel: The Institute
Übersetzung: Bernhard Kleinschmidt

P.S.: Keine Werbung – ich teile einfach nur meine ehrliche Meinung.

Es gibt viele – mehr oder weniger gute – Gründe, Bücher zu schreiben. Die einen tun es aus Spaß an der Freud, die anderen, weil sie gelesen werden wollen (zu denen zähle ich mich), und wieder andere hoffen auf ein kleines, feines Nebeneinkommen. Und das sage ich ganz wertungsfrei: Wer möchte seine Zeit nicht mit etwas verbringen, das Freude macht und vielleicht auch ein bisschen Geld einbringt?

Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen: Ja, mit eBooks lässt sich Geld verdienen. Tatsächlich machen sie bei mir den Großteil der Einnahmen aus. Aber – und das ist mir wichtig – ganz so einfach, wie es manchmal klingt, ist es nicht.

Ein eBook schreibt sich nicht mal eben nebenbei. Wer einen ganzen Roman mit rund 300 Seiten schreiben will, muss Durchhaltevermögen, Struktur und eine ordentliche Portion Wahnsinn mitbringen. Denn anders als bei Kurzgeschichten reicht es hier nicht, eine nette Idee schön aufzuschreiben – ein Roman muss über viele Kapitel hinweg tragen, logisch aufgebaut sein, unterhalten, Emotionen wecken und dabei noch sprachlich rund bleiben. Natürlich kann man auch eine Sammlung von Kurzgeschichten veröffentlichen, aber meiner Erfahrung nach verkaufen sich durchgehende Romane deutlich besser.

Die Zeit, die in ein eBook fließt, ist also enorm – und die Lernkurve gefühlt endlos. Schreibhandwerk, Dramaturgie, Formatierung, Vermarktung … Man muss bereit sein, sich immer wieder in neue Themen reinzufuchsen. Wer sich darauf einlassen kann (und vielleicht ein kleines bisschen schreibverrückt ist), hat schon gute Karten.

Und ja, natürlich steht im Raum: „Aber KI kann das doch auch!“

Dazu nur so viel: Ich finde, Geschichten gehören in Menschenhand. KI darf gern den Abwasch machen oder die Steuer sortieren – aber das Erzählen, das Fühlen, das Aus-dem-Bauch-Schreiben … das lassen wir lieber bei uns Autor*innen, oder?

Was die Kosten betrifft: Ein eBook lässt sich mit etwas technischem Geschick auch mit kleinem Budget umsetzen. Wer will, kann viel Geld in Profis investieren – für Lektorat, Korrektorat, Buchsatz, Coverdesign. Aber Achtung: Der finanzielle Aufwand rechnet sich nicht immer sofort. Leser*innen honorieren leider nicht automatisch, wie viel Liebe und Sorgfalt in einem Buch steckt. Auch ich wünschte mir manchmal, Lektorate würden sich immer bezahlt machen – ich schätze ihre Arbeit sehr. Aber die Realität ist: Nicht jedes perfekt lektorierte Buch verkauft sich besser als ein unperfektes.

Technisch ist Selfpublishing heute übrigens so einfach wie nie. Plattformen wie Amazon KDP machen den Einstieg wirklich niedrigschwellig. Wer ein bisschen Geduld mitbringt und sich nicht vor Webformularen fürchtet, kann sein eBook in wenigen Stunden veröffentlichen. Und Hilfe gibt’s en masse – sei es in Schreibgruppen, auf Instagram oder zum Beispiel beim Selfpublisher-Verband.

Und wie sieht’s mit den Chancen aus? Der eBook-Markt wächst. Besonders in Genres wie Romance, Krimi, Fantasy und Thriller wird online ordentlich gelesen – oft sogar lieber digital als auf Papier. Laut Börsenverein lag der eBook-Anteil am Gesamtumsatz im Publikumsbuchmarkt zuletzt bei über 8 %, in bestimmten Nischen deutlich mehr. Im Selfpublishing ist das eBook ohnehin das stärkste Standbein – mit höheren Tantiemen (60–70 % bei Amazon) und größerer Flexibilität.

Mein Fazit: Ja, es lohnt sich – wenn man bereit ist, Zeit, Herzblut und ein bisschen Geld zu investieren. Wer sowieso schon gern liest und schreibt, wer Lust auf Geschichten, Themen und Figuren hat, die lebendig werden dürfen, für den ist das Selfpublishing ein großartiger Weg.

Aber wer glaubt, das gehe mal eben schnell oder ohne Mühe, dem sei gesagt: Schreiben ist ein Langstreckenlauf.
Ein schöner, lohnender – aber eben auch einer, bei dem man manchmal keuchend am Straßenrand sitzt und sich fragt, warum man sich das eigentlich antut. Und genau dann hilft nur eins: tief durchatmen, Kaffee nachgießen – und weiterschreiben.

Australische Abgründe: Wenn der Roadtrip zum Krimi wird

Hier kommt eine kleine Besprechung eines englischsprachigen Mystery-Romans, der besonders für Australien-Fans interessant sein dürfte. Ich habe das Buch als Hörbuch gehört – es war im Audible-Abo kostenlos enthalten, und genau das war der Grund, warum ich völlig unvorbereitet und ohne jede Erwartung eingestiegen bin. Zum Glück: Denn schon nach wenigen Minuten hatte mich die Prämisse gepackt.

Ein Autofahrer beobachtet in der australischen Wildnis – bei strömendem Regen und mitten in der Nacht – eine Frau, die mit einem kleinen Kind an der Hand in die Everglades rennt. Es sieht aus, als sei sie auf der Flucht. Er ruft die Polizei, doch die findet zunächst nichts. Erst später stößt man auf ein verlassenes Auto auf dem Parkplatz eines kleinen Einkaufszentrums. Die Tür steht trotz des Regens weit offen. Im Wagen: ein bewusstloses Teenager-Mädchen und eine Packung Insulin. Die Halterin des Wagens ist schnell ermittelt – sie ist die Frau, die in der Nacht gesichtet wurde. Es stellt sich heraus: Zwei weitere Kinder schlafen zu diesem Zeitpunkt allein in einem Wohnwagen. Zwei Schwestern. Ihre Mutter bleibt verschwunden.

20 Jahre später versucht die jüngste Tochter, Lily – damals etwa zwölf Jahre alt –, das Rätsel um das Verschwinden ihrer Mutter zu lösen. Ist sie tot? Wurde sie entführt? Hat sie ihre Kinder im Stich gelassen? Und welche Rolle spielen ihr Vater – und sogar ihre eigene Schwester?

Die Geschichte entfaltet sich wie ein Roadtrip durch das moderne Australien. Und genau das ist einer der großen Pluspunkte: Autorin Anni Taylor lebt an der Central Coast nördlich von Sydney und fängt Landschaft, Atmosphäre und die Veränderungen seit den 1990ern sehr gut ein. Besonders schön für alle Australien-Fans: die Route, die Lily auf ihrer Spurensuche zurücklegt, führt von Brisbane über Byron Bay und Sydney bis nach Tasmanien.

Allerdings gab es auch einige Momente, in denen ich innerlich abgewunken habe. Als die Schwestern zum Beispiel in Byron Bay – natürlich! – zufällig auf die Hemsworth-Brüder treffen (ja, genau diese Hemsworths), wurde es mir persönlich etwas zu viel. Weitere Enthüllungen rund um die Auflösung des Falls wirken dann leider ähnlich bemüht. Vieles ist schlicht unglaubwürdig – insbesondere, was die Vergangenheit der Schwester betrifft. Auch rechtliche und praktische Fragen (Stichwort: Kindesentführung, Visumsbestimmungen, australische Einwanderungsgesetze) bleiben sehr großzügig ignoriert. Dazu kommen kleine Alltagsfehler – etwa, dass eine Busfahrt nach Milsons Point in Sydney angeblich deutlich stressfreier sei als ins Stadtzentrum (was jeder, der dort einmal unterwegs war, vermutlich bezweifeln würde).

Fazit: Ein solider Mystery-Roman mit einer spannenden Grundidee und einer wunderbaren Kulisse. Wer sich gern literarisch entlang der australischen Ostküste treiben lässt, wird mit diesem Buch seine Freude haben – auch wenn die Auflösung nicht ganz überzeugen kann. Für zwischendurch und zum Träumen vom anderen Ende der Welt aber absolut geeignet.

Autorin: Anni Taylor
Titel: Birds in Flight (englische Ausgabe)
Verlag: Bookish Coast, 2023

P.S.: Wie immer keine Werbung – nur meine ehrliche Meinung. Das Hörbuch habe ich mir selbst zugelegt und nicht geschenkt bekommen.

Ein historischer Roman kann vieles sein: eine Liebesgeschichte, ein Thriller, eine Biografie … Es gibt nicht den historischen Roman, er gehört immer auch noch einem anderen Genre an. Was ihn dann „historisch“ macht, ist nicht nur, dass er in der Vergangenheit spielt – sondern dass diese Vergangenheit selbst zum Thema wird. Und zwar eine richtig vergangene Vergangenheit.

Sorry, aber ein Roman, der in den 1960ern spielt, ist für mich kein historischer Roman, sondern ein zeitgenössischer. Schließlich gibt es noch LeserInnen, die diese Zeit miterlebt haben – das ist für mich ein entscheidender Unterschied. Aber ich schweife ab.

Ein historischer Roman spielt also vor historischer Kulisse. Wie stark diese Kulisse ins Gewicht fällt, ist ganz unterschiedlich: Manchmal ist sie nur ein vager Hintergrund, beliebig austauschbar. Und manchmal ist sie so zentral, dass die Geschichte ohne sie nicht funktionieren würde – weil z. B. wichtige historische Persönlichkeiten oder bekannte Ereignisse eingebunden sind.

Ich habe in der Vergangenheit beides ausprobiert: Ich habe mich an historische Persönlichkeiten geklammert (Dietrich von Quitzow, Jakobäa von Bayern) oder an Ereignisse wie den Verrat an der Stadt Dortmund oder die Ermordung der Agnes Bernauer. Beides setzt voraus, dass man gewissenhaft recherchiert – also nicht nur die Figur oder das Ereignis an sich, sondern auch die Umstände davor und die Folgen danach. Dazu kommen Zeitgeist, Normen, gesellschaftliche Erwartungen und – ganz wichtig – eine Zeitschiene, entlang der sich die Geschichte entfalten kann.

Für mich ist genau das einer der schwierigsten Aspekte beim Schreiben eines historischen Romans, wenn man die Historie einigermaßen ernst nehmen will. Denn: Das echte Leben folgt keinem romantischen Spannungsbogen. Es gibt Pausen, Rückschritte, seltsame Nebenstränge. Viele AutorInnen greifen deshalb zu künstlerischer Freiheit: Sie rücken die Zeitleiste gerade oder erfinden Dinge dazu, damit die Geschichte „runder“ wird. Dagegen ist aus meiner Sicht nichts einzuwenden – solange das im Nachwort offengelegt wird. Denn ich glaube, die meisten LeserInnen historischer Romane möchten nicht nur abtauchen, sondern auch etwas lernen. Wenn ihnen dabei falsche Fakten untergejubelt werden, ist niemandem geholfen.

Ich persönlich versuche, dieses Zurechtbiegen so weit wie möglich zu vermeiden. Das hat allerdings zur Folge, dass meine Geschichten manchmal als sperrig wahrgenommen werden. Ist das gut? Sollte ich dazu stehen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich lerne ja noch.

Im Fall der „Jakobäa“ bekam ich z. B. die Rückmeldung einer Leserin, die Figur sei ja unerträglich – sie halte sich für großartig und scheitere doch ständig. Ja, genau so war es. Hätte ich sie zur Heldin in goldener Rüstung machen können? Natürlich. Aber das hätte meiner Vorstellung nicht entsprochen. Aber ich schweife schon wieder ab.

Zurück zur Planung: Es ist keine gute Idee, einfach nur die Historie nachzuerzählen. Das ergibt schnell Längen, Brüche, irrelevante Passagen – also alles, was in einem Roman nichts zu suchen hat. Deshalb nehme ich mir nach der historischen Zeitleiste einen Spannungsbogen zur Hand. Einer, der Wendepunkte kennt, Höhepunkte, Entwicklungen. Es gibt verschiedene Methoden (für alle, die – wie ich – nicht aus dem Bauch schreiben). Mein Favorit ist „Save the Cat“. Das Konzept stammt ursprünglich aus dem Drehbuchbereich, funktioniert aber wunderbar auch für Romane. Es sorgt dafür, dass die Szene gut gesetzt wird, dass der Protagonist Erfahrungen sammelt und sich entwickelt – und dass das Finale sich organisch aus der Handlung ergibt.

Natürlich wäre alles einfacher, wenn ich die historischen Fakten außen vor lassen könnte. Aber das Leben wäre ja langweilig ohne solche Herausforderungen.

Früher war für mich der historische Stoff der Ausgangspunkt. Die Figur, das Ereignis – daraus wuchs dann der Roman. Heute bin ich mir nicht mehr sicher, ob das immer der richtige Ansatz ist. Ich weiß, einige LeserInnen schätzen meine Bücher genau deshalb. Aber dieser Anspruch macht es eben auch schwer, eine „rundere“, zugänglichere Geschichte zu schreiben. Kommerziell funktioniert das einfach anders.

Und das gehört zum Schreiben dazu: Man kommt nie irgendwo an. Man entwickelt sich, fasst neue Pläne, probiert Ideen aus – und ändert auch mal die Meinung. Mein neues Projekt zum Beispiel spielt eher vor historischer Kulisse, statt sich sklavisch an einen konkreten Ablauf zu halten. Und ich muss sagen: Diese Freiheit hat richtig gutgetan. Das Schreiben hat Spaß gemacht – und wenn jetzt auch noch positives Feedback zurückkommt, weiß ich: Ich bin auf einem guten Weg.

Ein moderner Klassiker über Würde und Widerstand

Rezension: James von Percival Everett
Erschienen 2024 im Carl Hanser Verlag (deutsche Ausgabe)
Originaltitel: James, 2024, Doubleday (USA)
Pulitzer-Preis 2024 (Fiction)

Eine meiner Taktiken bei der Wahl meiner nächsten Lektüre ist recht simpel: Ich schaue, welche Bücher auf Amazon fünfstellige Bewertungen mit hohen Durchschnittswerten haben. Meistens sind das Titel amerikanischer Autor:innen – was mich nicht stört. Wenn Genre und Thema mich ansprechen und vielleicht noch ein Siegel wie „New York Times Bestseller“ oder „Pulitzer Prize Winner“ dazukommt, greife ich gerne zu.

So auch beim Roman James von Percival Everett, der 2024 mit dem Pulitzer-Preis für Belletristik ausgezeichnet wurde.

Man sollte bedenken: Bücher, die in den USA große Preise gewinnen, greifen oft Themen auf, die speziell für das amerikanische Publikum besonders relevant sind. Trotzdem sind sie meist äußerst gut lesbar (kleiner Seitenblick auf den Deutschen Buchpreis…). So auch James, ein Roman über einen Sklaven in den Südstaaten – und zugleich eine literarische Antwort auf Mark Twains Huckleberry Finn.

Ich selbst bin mit der Geschichte rund um Tom Sawyer und Huck Finn nicht besonders vertraut – was beim Lesen aber kein Nachteil war. Im Mittelpunkt steht hier Jim, der Sklave, der in Twains Originalgeschichte eher eine Nebenfigur ist. In Everetts Roman bekommt er endlich seine Stimme – und was für eine!

Jim soll von seiner Plantage in Missouri nach New Orleans verkauft werden, weg von seiner Frau und seiner kleinen Tochter. Das will er nicht hinnehmen – und flieht. Unterwegs trifft er auf Huckleberry Finn, und gemeinsam schlagen sie sich den Mississippi hinunter durch eine feindselige, zutiefst rassistische Welt. Dass es ausgerechnet nach Süden geht, wirkt auf den ersten Blick kontraintuitiv – macht aber im Kontext des Romans Sinn.

Was die Geschichte besonders macht: Jim ist klug. Viel klüger, als es die Weißen in seiner Umgebung vermuten. Das zeigt sich besonders dann, wenn er unter Schwarzen spricht – denn dann wechselt er vom „rassentypischen“ Soziolekt, wie er ihn in Gegenwart der Weißen verwendet, zu einem klaren, differenzierten Englisch. Ein sprachlicher Kniff, mit dem Everett brillant zeigt: Die Schwarzen dieser Welt sind oft intelligenter als ihre Herren – und müssen diese Tatsache verstecken, um zu überleben.

Als Leserin war ich sofort auf Jims Seite – und habe mich diebisch gefreut über seine stille Überlegenheit. Auch vor Huck verbirgt Jim sein wahres Ich. Die beiden freunden sich an, helfen einander – bis sie sich schließlich verlieren und Jim allein weiterziehen muss.

Wird er es schaffen, in den Norden zu gelangen, wo Freiheit winkt? Wird er genug Geld auftreiben können, um seine Familie freizukaufen? Während er kämpft, kündigt sich bereits der nächste Umbruch an: Der Bürgerkrieg liegt in der Luft.

Ja, das alles klingt wie eine klassische Heldenreise – und ist doch so viel mehr. James konfrontiert uns mit einer Welt, in der Menschenhandel, Gewalt und systematische Unterdrückung zum Alltag gehörten. Und das Erschütternde ist: Für die damalige Gesellschaft war das völlig normal.

Diese Normalität ist schwer auszuhalten – gerade deshalb bleibt der Roman so lange im Gedächtnis. Denn Jim ist nicht einfach nur Jim. Er ist James. Und das macht den Unterschied.

Fazit:
Ein kluger, bewegender, teilweise sogar überraschend humorvoller Roman über Identität, Würde und Überleben. Für mich eine ganz klare Leseempfehlung!

📖 P.S.: Ich habe das Buch im englischen Original gelesen. Die wörtliche Rede ist anfangs schwer verständlich, weil Everett mit Dialekten arbeitet – aber man kommt gut rein. Ich bin gespannt, wie das in der deutschen Übersetzung gelöst wurde.

📚 P.P.S.: Ich bekomme weder Geld noch Leseexemplare für diese Besprechung – ich teile hier einfach meine ehrliche Meinung.

An vieles aus meinem Literaturstudium erinnere ich mich nicht mehr. Aber ein Pro-Seminar ist mir – zumindest in Details – im Gedächtnis geblieben: Es drehte sich um den Literaturbetrieb. Besonders spannend war es, weil wir über das Semester hinweg zwei Besucherinnen begrüßen durften, die uns Einblicke in die Branche gaben.

Die Pressefrau mit der Klebeschere

Die eine arbeitete in der Presseabteilung eines Verlags. Ich weiß noch genau, wie sie erzählte, dass es zu ihren Aufgaben gehörte, Zeitungsausschnitte in eine große Mappe zu kleben. „Dafür ein Studium?“, dachte ich – mit einer Mischung aus Faszination und Frustration.
Die Frau war damals sichtbar schwanger, und gerade wir Studentinnen lauschten ihr ehrfürchtig (und vielleicht auch ein wenig neidisch), während wir uns überlegten, wie man selbst so eine beneidenswerte Karriere „launchen“ konnte.

Aber ich schweife ab.

Die Literaturagentin – damals noch Exotin

Die zweite Besucherin war eine Literaturagentin. Anfang der 2000er-Jahre war das in Deutschland noch eine recht neue Erscheinung – natürlich herübergeschwappt aus den USA.
Sie tat einiges, um uns zu überzeugen, dass Literaturagenturen ein essentielles Rädchen im Betrieb der Literaturherstellung sind. Heute wissen wir: Sie hatte recht.

Auch wenn die Webseiten großer Publikumsverlage es manchmal anders suggerieren – wer als Autor:in bei einem großen Verlag unterkommen will, muss fast immer den Weg über eine Agentur gehen.

Das hat für beide Seiten Vorteile:

  • Verlage ersparen sich das Durchforsten unzähliger unbrauchbarer Manuskripte.
  • Autor:innen gewinnen einen Partner, der das Manuskript ins rechte Licht rückt, Verträge aushandelt und wertvolle Kontakte hat.

Natürlich verdient die Agentur mit, sobald ein Vertrag zustande kommt – es ist also auch in ihrem Interesse, ein Projekt gut zu platzieren.

Der steinige Weg zur Agentur

Trotzdem ist es für uns Autor:innen nicht unbedingt einfacher geworden.
Ich schreibe diesen Text, während ich selbst mal wieder auf der beschwerlichen Reise der Agentursuche bin.

Die Bewerbung bei einer Literaturagentur unterscheidet sich nicht wesentlich von der bei einem Verlag. In der Regel soll man folgende Unterlagen einreichen:

  • ein kurzes Anschreiben,
  • ein Manuskriptauszug,
  • eine Biografie,
  • ein Exposé.

Das Manuskript: Die ersten Seiten müssen sitzen

Beim Auszug sollte man einen Abschnitt wählen, der Stil und Inhalt des Buchs möglichst gut wiedergibt – oft sind das 30 bis 50 Seiten, bevorzugt der Anfang des Romans.

Denn: Ein Buch muss auf der ersten Seite funktionieren.
Wer denkt, dass das bei seinem Projekt anders ist, sollte das Konzept vielleicht nochmal überdenken.
Man „verkauft“ das Manuskript zuerst an die Agentur, dann an einen Lektor, einen Buchhandelsvertreter, einen Buchhändler – und am Ende an den Leser.
Fast alle werden nur die ersten Seiten lesen und dann entscheiden. Diese Seiten müssen also überzeugen.

Die Biografie: kurz, aber tricky

Die Biografie wirkt harmlos, ist aber oft knifflig – besonders für Debütant:innen.
Was soll man reinschreiben?
Mein Tipp: Werfen Sie einen Blick in andere Bücher.
Man muss kein Profi sein, um einen kurzen, überzeugenden Text von 4–5 Sätzen zu schreiben.
Wichtig ist nur: Wofür stehe ich? Was trage ich bei, damit das Buch sich verkauft?

Das Exposé: das ungeliebte Herzstück

Und dann kommt der Teil, den die meisten Autor:innen mit einer gewissen Leidenschaft hassen: das Exposé.
2–3 Seiten, die das Buchprojekt mit allen wichtigen Fakten zusammenfassen – inklusive:

  • Angaben zum Autor / zur Autorin
  • Umfang, Genre, Zielgruppe
  • eine kurze, aber vollständige Zusammenfassung der Geschichte

Letzteres ist die größte Herausforderung:
Ein 300-Seiten-Roman auf einer Seite?
Ein Albtraum – besonders, wenn man monatelang tief in die Geschichte eingetaucht ist.

Der häufigste Fehler: Die Geschichte Szene für Szene nacherzählen.
Das ist nicht Sinn der Sache.
Stattdessen sollte man erklären:

  • Wie baut sich der Spannungsbogen auf?
  • Wie agieren die Figuren?
  • Was steht ihnen im Weg?
  • Wie kommt es zur Konfrontation – und wie endet alles?

Das ist eine eigene Kunstform, die man lernen muss.

Mein Stand der Dinge

Genau an diesem Punkt befinde ich mich gerade.
Ich denke, mein Exposé ist schon ganz gut – aber ich werde es noch vielen Kolleg:innen zum Gegenlesen geben, um Lücken oder Unstimmigkeiten auszumerzen.

Und dann geht der große Spaß los: Die Agentursuche.
Drückt mir die Daumen!

P.S.: Das Beitragsbild zeigt übrigens einen Schauplatz aus dem Manuskript!

Dynastien, Machtspiele und ein rätselhafter Pilger – die wahren Hintergründe meines Romans

Wie wird man König, wenn es keine Erbfolge gibt? Warum misstrauten sich die mächtigsten Familien des Reiches trotz Heiratsverbindungen? Und was hat ein geheimnisvoller Pilger mit all dem zu tun?

Wer Der Trug des Pilgers gelesen hat, weiß: Im Hintergrund des historischen Romans tobt ein erbitterter Kampf um Macht, Einfluss – und die Königskrone. Doch was ist historisch belegt, was Fiktion? In diesem Blogbeitrag nehme ich euch mit in die faszinierende Welt des Spätmittelalters, in eine Zeit, in der Stammbäume gefährlicher waren als Schwerter – und dynastische Verwicklungen den Lauf der Geschichte bestimmten.

Drei große Familien, ein Ziel: die Krone

Im Zentrum der damaligen Politik standen drei rivalisierende Dynastien: die Wittelsbacher, die Habsburger und die Luxemburger. Sie alle wollten den Thron, doch dieser wurde nicht vererbt, sondern gewählt. Sieben Kurfürsten entschieden über das nächste Oberhaupt des Reiches – ein Machtinstrument, das durch Bestechung, Heiratspolitik und strategische Allianzen heiß umkämpft war.

Karl IV. – ein König mit französischem Schliff

Karl IV. aus dem Haus Luxemburg ist eine der zentralen Figuren meines Romans. Als Sohn des Königs von Böhmen am französischen Hof aufgewachsen, verband er kluge Politik mit kulturellem Gespür. 1346 wurde er zum römisch-deutschen König gekrönt – obwohl sein Rivale Ludwig IV. noch lebte. Was folgte, war ein spektakulärer Thronstreit, den nicht ein Schwert, sondern ein Jagdunfall entschied.

Karl IV., Büste gefertigt von Peter Parler im Prager Veitsdom. Von Packare - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33061244
Karl IV., Büste gefertigt von Peter Parler im Prager Veitsdom. Von Packare – Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33061244

Ludwig der Bayer – ein Kaiser gegen den Papst

Ludwig IV. der Bayer, aus dem Haus Wittelsbach, regierte das Reich mit harter Hand – und im ständigen Clinch mit dem Papst. Seine Exkommunikation war politisches Programm, ebenso wie seine Versuche, Macht durch territoriale Verbindungen (etwa über die Heiratspolitik seines Sohnes Ludwig des Älteren) zu sichern.

Kaiser Ludwig der Bayer, spätgotisches Epitaph aus rotem Marmor in der Münchner Frauenkirche CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=604248
Kaiser Ludwig der Bayer, spätgotisches Epitaph aus rotem Marmor in der Münchner Frauenkirche CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=604248

Die Rolle der Askanier – Macht zwischen den Zeilen

Und dann ist da noch das Haus Askanien, mit dem viele heute kaum noch etwas verbinden. Doch gerade in Brandenburg und Sachsen spielten die Askanier eine zentrale Rolle. Rudolf I., ein enger Vertrauter Karls IV., war Mitverfasser der Goldenen Bulle – des Reichsgesetzes, das die Königswahl langfristig regelte. Sein politischer Aufstieg – und Fall – steht exemplarisch für die Fragilität von Macht im Mittelalter.

Bildnis Rudolf III. nach Johann Agricola 1562. Von Johann Agricola († 1590) - Johann Agricola: Bildnisse etlicher Fürsten und Herren ... Wittenberg 1562, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25460990
Bildnis Rudolf III. nach Johann Agricola 1562. Von Johann Agricola († 1590) – Johann Agricola: Bildnisse etlicher Fürsten und Herren … Wittenberg 1562, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25460990

Frauen, Intrigen und Vorurteile

Nicht fehlen darf Margarete „Maultasch“ von Tirol – eine schillernde Figur, die sich in einer von Männern dominierten Welt behauptete. Ihr Beiname ist bis heute umstritten, doch ihr politischer Einfluss war unbestreitbar. In meinem Roman begegnen wir ihr nicht direkt, aber ihr Schatten liegt über vielen Entscheidungen, die im Hintergrund getroffen werden.

Margarete von Tirol-Görz (genannt: Maultasch) (1318-1369), Gräfin von Tirol und Görz, ANKAWÜ, CC BY-SA 3.0 , https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Maultasch,_Margarete.jpg, via Wikimedia Commons
Margarete von Tirol-Görz (genannt: Maultasch) (1318-1369), Gräfin von Tirol und Görz, ANKAWÜ, CC BY-SA 3.0 , https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Maultasch,_Margarete.jpg, via Wikimedia Commons

All diese Figuren – ob König, Herzog oder Gräfin – haben Eingang in die Welt von Der Trug des Pilgers gefunden. Ihre Konflikte, Allianzen und Rivalitäten weben den historischen Teppich, auf dem meine fiktiven Figuren agieren. Der Pilger im Titel? Der weiß mehr, als er sagt.

Was hat euch am meisten überrascht? Gibt es historische Persönlichkeiten, die ihr gern in einem Roman wiedersehen würdet? Ich freue mich über eure Kommentare!

Eigentlich hatte ich zu Ostern eine kleine Verlosung geplant – bestärkt durch das freundliche Angebot des Gmeiner-Verlags, stark vergünstigte Autorenexemplare an Interessierte zu verschicken. Vielleicht hätte ich sogar kostenlose Verlosungsexemplare anfragen können, aber ehrlich gesagt: Ich hatte keine Lust zu fragen.

Dann aber kam alles ganz anders. Als die bestellten Bücher einfach nicht bei mir eintrafen, fragte ich nach – und bekam eine überraschende Antwort: Das Zwischenlager ist restlos ausverkauft! Die zweite Auflage von Die letzte Fehde an der Havel ist vergriffen, ein Nachdruck steht bevor.

Ich freue mich riesig darüber!

Jetzt fragen sich einige vielleicht: Wie hoch ist denn so eine Auflage? Nun, so viel sei verraten – nicht riesig, aber man muss das ins richtige Verhältnis setzen. Der Gmeiner-Verlag ist ein mittelständischer Verlag mit Fokus auf regional vermarkteter Literatur – also nicht vergleichbar mit den großen Playern der Branche. Entscheidend ist: Ich konnte die vom Verlag kalkulierten Erwartungen zweimal übertreffen. Und das erfüllt mich gerade mit großer Freude.

Also – Change of Plans: Statt einer Osterverlosung gibt es jetzt eine Verlosung anlässlich der Drittauflage! Die Teilnahmebedingungen findet ihr unten.

Höhen und Tiefen einer Debüt-Reise

Ein erstes Buch zu veröffentlichen ist eine echte Achterbahnfahrt – und nichts bereitet einen wirklich darauf vor. Hier ein paar Highlights und Lowlights dieser bisherigen Reise:

  • In einer Facebook-Gruppe wurde die Sprache auf den ersten Seiten zerrissen, die Namen seien „viel zu modern fürs Mittelalter“ – das Buch war Schrott, bevor es überhaupt erschienen war.
  • Eine der ersten Amazon-Rezensionen riet mir, nochmal in die „Romanschule“ zu gehen. Die Leserin habe das Buch zurückgegeben – es sei für sie nicht lesbar gewesen.
  • Mein Bruder lud mich zu einer langen Autofahrt ein – kaum waren die Türen zu, zählte er mir im Detail auf, wie furchtbar er meine Hauptfigur findet.
  • Das Gleiche passierte später mit einer entfernten Bekannten. Ich frage mich inzwischen, ob Autofahrten ein heimliches Ventil für Leserfrust sind.
  • Auf der anderen Seite habe ich viele tolle Menschen kennengelernt, die gerade die Ecken und Kanten meiner Figuren zu schätzen wissen – weil sie eben mal nicht nur schwarz oder weiß sind.
  • Ein etablierter Autor nannte das Buch sogar „äußerst lesenswert“ – ein echtes Kompliment!
  • Die erste Auflage war in kürzester Zeit vergriffen – noch vor Weihnachten. Eine Buchhandlung fragte sogar bei mir persönlich an, ob man noch irgendwo Exemplare bekommen könne – ihre Kunden „brauchen es dringend vor dem Fest“!
  • Die letzte Fehde an der Havel war für den Goldenen Homer nominiert – auch wenn der Preis an dem Abend leider nicht an mein Buch ging (gefühlt ging jeder zweite Roman mit einem Preis nach Hause), war allein die Nominierung ein schönes Zeichen.
  • Ich habe für das Buch natürlich die Originalschauplätze besucht – aber das absolute Highlight war das persönliche Kennenlernen eines echten Herrn von Putlitz, also eines Nachfahren des besten Freundes meines Antagonisten.
  • Kürzlich war ich in einer Buchhandlung – und dort hieß es: Die Fehde läuft immer noch gut. Trotz des Alters des Buchs. Das hat mich sehr gefreut.

Würde ich heute etwas anders machen?

Definitiv. Die letzte Fehde an der Havel war ein absoluter Blindflug. Heute habe ich deutlich mehr Ahnung vom Handwerk und würde ganz andere Entscheidungen treffen. Aber dann wäre Carl, mein Protagonist, heute vielleicht ein ganz anderer – und das fände ich auch schade. Vielleicht ist es ja gerade das Ungewöhnliche, das die Geschichte lesenswert macht?

Die Verlosung

Zur Feier der Neuauflage möchte ich zwei signierte Exemplare der 2. Auflage von Die letzte Fehde an der Havel verlosen!

Teilnahmebedingung: Wer bereits beim Newsletter Der Sendbote angemeldet ist, nimmt automatisch teil.
Wer noch nicht dabei ist, kann sich einfach und kostenlos anmelden – hier geht’s zur Anmeldung.

Frist: Sonntag, 12. April 2025, 23:59 Uhr
Auslosung: Montag, 13. April 2025 – die Gewinner*innen werden per E-Mail und über Social Media informiert.

Wichtig:

  • Wer kein Buch gewinnen möchte, muss sich nicht abmelden – eine kurze Mail an Silke @ silkeelzner.de genügt, dann wird das Los einfach weitergegeben.
  • Die Gewinne werden nicht ausgezahlt.
  • Für den Versand benötige ich eine postalische Adresse – diese wird nach Abschluss des Gewinnspiels gelöscht.
  • Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Ich drücke allen Teilnehmenden die Daumen – und sage schon jetzt: Danke für eure Unterstützung und das Interesse an der Fehde! Ihr seid super!

Herzlich,
Silke

Ich habe es schon ein paar Mal anklingen lassen: Derzeit arbeite ich daran, ein älteres Manuskript für die Veröffentlichung aufzubereiten. In wenigen Wochen sollte es so weit sein. Dieses Mal möchte ich jedoch einen anderen Weg einschlagen – ich will es noch einmal mit einem Verlag versuchen.

Das mag einige von euch überraschen. Immerhin habe ich vier Bücher recht erfolgreich im Eigenverlag veröffentlicht. Doch ich habe meine Gründe, über die ich hier sprechen möchte. Außerdem möchte ich die Gelegenheit nutzen, einmal kurz zu umreißen, wie eine Veröffentlichung über einen Verlag überhaupt zustande kommt. Spoiler: Es ist verdammt schwer!

Mein Raketenstart im Selfpublishing

Mein Einstieg ins Selfpublishing war ein Höhenflug: Kaum war »Die Kaufmannswitwe« veröffentlicht, nahm Amazon KDP das Buch als „Buchpromotion des Monats“ auf – und ich verkaufte mal eben in einem Schwung 800 Exemplare. Ich dachte damals: Wow, ich bin eine gemachte Frau! So viel verkauft man vielleicht in einem Jahr, aber doch nicht in einem Monat. Und das ganz ohne Verlag, dafür mit voller Eigenverantwortung: Cover, Buchgestaltung, Klappentext, A+-Seite, Marketing, Social Media, Pressearbeit und Blogger-Relations – all das lag in meiner Hand. Vieles davon kannte ich noch aus meiner Zeit als Reisebloggerin, deshalb fiel mir der Einstieg leicht.

Es folgte »Die Gräfin«. Sie kam etwas sperriger daher und wurde mit verhaltenem Enthusiasmus aufgenommen, aber auch sie lief nach einem etwas stotternden Start ganz ordentlich. Eben ein Liebhaberbuch für Genre-Fans. Danach holte ich »Die Bernauerin« aus der Schublade – das Manuskript, dem ich am meisten Publikumspotenzial zutraute. Und tatsächlich: Vor allem vor Ort, etwa in Straubing, konnte ich etliche Taschenbücher verkaufen.

Nach all diesen Erfolgen – und einer Menge harter, nervenaufreibender Arbeit – war ich überzeugte Verfechterin des Selfpublishings. Was kümmerte es mich, dass der Buchhandel mich ignorierte, die Presse mich totschwieg und ich gegen Vorurteile (und ja, Verachtung) ankämpfen musste? Ich hatte es geschafft: Meine Schubladenprojekte hatten das Licht der Welt erblickt – und das Publikum mochte sie. Zum ersten Mal seit Jahren verdiente ich mit dem Schreiben Geld. Ich fühlte mich endlich zurecht als Mitglied der Künstlersozialkasse.

Und dann kam »Der Trug des Pilgers«

Im November erschien »Der Trug des Pilgers« – und plötzlich wurde alles anders.

Zum ersten Mal konnte ich keine kostenlose Leserunde auf LovelyBooks veranstalten. Ich startete trotzdem eine – im Vertrauen auf die vorherige Runde, die mir versichert hatte, dass sie notfalls auch ein Buch kaufen würde, um teilzunehmen. Das war naiv. Die Runde blieb praktisch stumm. Nur eine Leserin postete, gab aber irgendwann verständlicherweise auf – ein Selbstgespräch macht keine Leserunde.

Ich schob es auf Weihnachten. Auf den Veröffentlichungsrhythmus. Auf eine gewisse Lesemüdigkeit. Kein Problem, dachte ich. Ich bewarb das Buch weiter, investierte erstmals in Meta-Werbung, arbeitete mit Bloggerinnen, veranstaltete Gewinnspiele – alles wie gehabt. Das alte Jahr endete, das neue begann. Doch nichts besserte sich. Im Gegenteil: Es wurde schlechter.

Inzwischen sind meine Einnahmen um 50 % gesunken – obwohl ich deutlich mehr Bücher veröffentlicht habe als zu Beginn. Woran liegt’s? Vor allem an Amazon. Wenn der Algorithmus einen fallenlässt, wird man gnadenlos ausradiert. Meine gelesenen Seiten bei KindleUnlimited sind auf ein Rekordtief gesunken. Die Verkäufe dümpeln vor sich hin.

Auch der Hype ist abgeflaut. Früher entdeckte ich meine Bücher gelegentlich in spontanen Social-Media-Posts. Heute passiert das so gut wie nie. An manchen Tagen fühlt es sich an, als hätte es mich – und meine Bücher – nie gegeben. Und da ich für jeden einzelnen Aspekt des Buchmarketings selbst verantwortlich bin, bleibt die Frage: Habe ich versagt?

Warum ich es mit einem Verlag versuchen will

Deshalb will ich es noch einmal versuchen – diesmal mit einem Verlag. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Sondern auch, weil ich mir Anerkennung innerhalb der Branche wünsche. Kontakte zum Buchhandel, zur Presse. Ein Team, das Verantwortung mitträgt. Klar: Es ist schön, mit Selfpublishing gutes Geld zu verdienen. Aber wenn die Einnahmen sinken und die Bücher weder gekauft noch gelesen werden, fragt man sich irgendwann: Wofür das alles?

Vom Manuskript zum Verlagsbuch – der steinige Weg

Wie wird ein Manuskript überhaupt zu einem Verlagsbuch?

Kurzfassung: Es ist ein langer, langer Weg – und einer, der womöglich nie zu Ende geht. Der erste Schritt führt meist über eine Literaturagentur. Schon da ist Geduld gefragt: Allein eine Antwort auf ein Exposé gleicht einem Lottogewinn. Denn die entscheidende Frage lautet: Lässt sich das Manuskript verkaufen? Die Qualität ist dabei nicht zweitrangig – aber die Vermarktbarkeit ist wichtiger. Und genau da sehe ich mein größtes Problem.

Wer den stationären Buchmarkt kennt, weiß: Historische Romane laufen aktuell nicht besonders. Die großen Gewinne machen Verlage mit New Adult, Dark Romance und TikTok-Hypes. Leider nicht mit Stoffen à la Silke Elzner. Aber ich muss einfach daran glauben, dass mein Roman verkäuflich ist, sonst stürze ich in eine tiefe Krise.

Findet man schließlich eine Agentur, stellt diese das Manuskript bei ihren Verlagskontakten vor. Auch das dauert: Agenturen prüfen 12 Wochen oder länger, Verlage lassen sich gern 6–12 Monate Zeit. Und selbst wenn es dann endlich zu einem Vertrag kommt, bleibt noch die Frage nach dem passenden Programmplatz. Bei »Die letzte Fehde an der Havel« lag zwischen Manuskripteinreichung und Veröffentlichung eine Wartezeit von 18 Monaten.

Realistisch heißt das: Vom fertigen Manuskript bis zum Buch vergehen zwei bis drei Jahre – sofern man nicht bereits ein etablierter Verlagsautor ist.

Und wenn es nicht klappt?

Dann bleibt mir immer noch das Selfpublishing. Ich bin dankbar für diese Möglichkeit – versteht mich nicht falsch. Aber ich wäre auch froh, wenn ich die Verantwortung für einmal nicht ganz allein tragen müsste.

Neuere Posts


NIE WIEDER ETWAS VERPASSEN

Abonnieren Sie jetzt den Newsletter für News, Deals & Gewinnaktionen!