Der Kindle Scribe ist wie ein überdimensionierter eBook-Reader mit der zusätzlichen Funktion eines digitalen Notizbuchs.
Die Idee faszinierte mich. Da ich für meine Geschichten viel recherchieren muss, einiges auch mittels eBooks, fragte ich mich, inwiefern ich mit dem Scribe Notizen machen und Gedanken sortieren konnte.
Die Antwort nach mehreren Monaten der Nutzung lautet: Es ist bedingt möglich, mit dem Scribe zu arbeiten, aber eine Combo aus echtem Buch und Notizblock ersetzt er momentan noch nicht.
Was ist der Kindle Scribe?
Der Kindle Scribe ist ein E-Reader von Amazon, der neben den klassischen Kindle-Funktionen auch eine Schreibfunktion bietet. Hier sind die wichtigsten Funktionen des Kindle Scribe:
Lesen von E-Books
Wie andere Kindle-Geräte ermöglicht der Scribe den Zugriff auf die riesige Bibliothek von Amazon Kindle E-Books, darunter Romane, Sachbücher und Zeitungen. Natürlich kann man auch auf KindleUnlimited zugreifen. Ebooks anderer Handelsplätze wie Thalia oder Bücher aus Büchereien über die Onleihe kann man mit dem Scribe nicht lesen.
Wie gewohnt, lassen sich die Schriftgröße, Schriftarten und Helligkeitsanpassung einstellen für ein angenehmes Leseerlebnis.
Schreiben und Notizen machen
E-Note-Funktion: Mit einem speziellen Stift (im Lieferumfang enthalten) können Nutzer Notizen direkt auf dem Gerät machen.
Handschriftliche Anmerkungen: In E-Books oder PDF-Dateien lassen sich handschriftliche Anmerkungen hinzufügen.
Skizzieren
Der Scribe unterstützt Skizzen und Zeichnungen – super für alle, die eher visuell unterwegs sind und ihre Gedanken anhand von Diagrammen, Wortwolken oder ähnliches festhalten.
Organisierte Notizen: Notizen können sortiert und in verschiedenen Notizbüchern oder Kategorien organisiert werden.
PDF- und Dokumentenunterstützung
Unterstützung für PDF-Dokumente, Word-Dokumente und andere Dateiformate, die auf das Gerät geladen werden können. Ich lade zum Beispiel immer meine Manuskripte ins Kindle, um sie auch in einer anderen Arbeitsumgebung zu lesen (das hilft, ein frisches Leseerlebnis zu bekommen, wobei man wieder sensibler wird für Tippfehler oder andere Probleme).
Dokumente können beschriftet oder kommentiert werden, was den Kindle Scribe für geschäftliche und akademische Anwendungen nützlich macht.
Display
Das große, blendfreie 10,2-Zoll Paperwhite-Display bietet eine gestochen scharfe Darstellung, die sich angenehm wie echtes Papier liest. Wer eReader kennt, weiß sicherlich auch zu schätzen, wie angenehm die längere Nutzung für Augen ist im Vergleich zu einem Computermonitor.
Der Scribe verfügt über eine anpassbare Beleuchtung für optimale Lesebedingungen in verschiedenen Umgebungen.
Integration mit Cloud-Diensten
Sehr nützlich ist die Möglichkeit, die auf dem Scribe gefertigten Notizen über verschiedene Geräte hinweg zu synchronisieren, z.B. mit der Kindle App auf Smartphones, Tablets und Computern.
Außerdem kann man nicht nur fertige eBooks, sondern auch Dokumente via E-Mail an das Gerät senden und dann dort bearbeiten.
Stifteingabe ohne Aufladen
Der Scribe verfügt über einen digitalen Stift. Es gibt ihn in zwei Versionen; ich rate dringend dazu, den teureren zu nehmen, denn der erlaubt es dem Nutzer, durch bequemes Umdrehen falsche Wörter einfach auszuradieren, ähnlich wie bei einem Bleistift mit Radiergummi. Ansonsten müsste man die Funktion des Stiftes über das Menü jedes Mal umschalten, was zeitaufwändig und störend ist. Der Stift hat in beiden Fällen außerdem einen Umschaltknopf an der Seite. Man kann die Funktion dieses Knopfes individuell einstellen. Ich nutze ihn, um vom Schreiben zum Markieren (halb durchsichtige dicke Linie) zu schalten.
Der Kindle Scribe eignet sich also nicht nur zum Lesen, sondern auch für das Anfertigen von Notizen, Skizzen und Anmerkungen, was ihn vielseitig einsetzbar macht, besonders für Leser und kreative Köpfe.

Vorteile
Zwei Geräte in einem
Im Gegensatz zu einem puren digitalen Notizbuch kann man auf dem Scribe Bücher lesen. Wer also beide Geräte sowieso anschaffen will (Notizbuch und eReader), der sollte dies auf jeden Fall in Erwägung ziehen.
Ein günstiges digitales Notebook
Noch dazu ist der Scribe zwar teurer als ein normaler eReader, aber immer noch weitaus günstiger als die Notebook-Modelle anderer Anbieter, die sich auf diese Geräte spezialisiert habe. Allerdings kann es dafür auch nicht alles so gut wie die „echten“ Notizbücher (also z.B. das Verwalten und Exportieren von Dateien in dem Umfang wie die Experten). Aber ich habe Hoffnung, das mit zukünftigen Software-Updates immer mehr Funktionen dieser Art hinzugefügt werden.
Schnelligkeit & Handling
Der Scribe ist angenehm schnell. Nicht nur kann man mit dem Stift alle Knöpfe, Wörter und Links zielgenau ansteuern, er öffnet und blättert und arbeitet superschnell. Es ist eine Freude, damit Bücher zu lesen oder z.B. Wörter nachzuschlagen.
Ich habe keinen Vergleich zu anderen digitalen Notebooks, aber das Gefühl, mit dem Stift über den Bildschirm zu gleiten, ist einfach einzigartig. Vom Geräusch des „Kratzens“ bis zum Gleiten über den Screen hat man den Eindruck, mit einem hochwertigen Produkt zu arbeiten. Es macht richtig Spaß, mit dem Scribe Notizen zu machen und seine Gedanken aufzuschreiben.
Umwandlung von Notizen in Druckschrift
Der Scribe ist (theoretisch) in der Lage, handschriftlich gemachte Notizen in Drucktext umzuwandeln. Das funktioniert bei mir nicht einwandfrei, aber ich muss auch sagen, dass ich eine ausgesprochene Sauklaue habe.
Praktischer Stift
Der Stift lädt sich automatisch über Kontakt zum Gerät auf. Man muss ihn also nicht getrennt oder extra aufladen. Die Batterielaufzeit des Scribe selbst ist vorbildlich. Ich habe festgestellt, dass er mir viel länger erhalten bleibt als mein kleiner Kindle.
Umfangreiche Funktionen für Notizbücher
Schön finde ich, dass das Gerät verschiedene Vorlagen zur Verfügung stellt, die man auch innerhalb eines Notizbuches ändern kann – liniertes „Papier“, Kästchen, Listenform, gepunktet, blanko … Zudem kann man sehr bequem Bereiche aus dem Papier ausschneiden und woandershin verschieben. Auch das Löschen klappt problemlos.

Nachteile
Größe und Gewicht
Der bedeutendste Nachteil des Scribe ist – meiner Meinung nach – seine Größe. Auf der einen Seite braucht man den großen Bildschirm natürlich, um anständig Platz zu haben für Notizen. Auf der anderen Seite wirkt sich dies aber nachteilig auf das Leseerlebnis aus.
Der Scribe ist so unhandlich und noch dazu relativ schwer, dass man ihn nicht über längere Zeit mit einer Hand halten kann. Ich würde ihn daher nicht mit in die Badewanne nehmen. Auch auf Reisen ist er eher unhandlich, denn er passt nicht in meine Handtasche. Beim abendlichen Lesen im Bett muss ich ihn mit Kissen stützen, damit ich keine Nackenstarre oder Armschmerzen bekomme.
Das klingt jetzt alles ein wenig dramatisch, aber handlich ist der Scribe nun wahrlich nicht, das steht fest. Immerhin kann man die Ansicht so verändern, dass man das Buch horizontal in zwei Spalten darstellen lassen kann – so wirkt es nicht wie eine Bleiwüste, sondern eher wie ein aufgeschlagenes Buch.
Notizen nur als Fensterchen in eBooks
Meine große Hoffnung war, dass man mit dem Scribe bequem Notizen innerhalb von eBooks machen kann. So, wie ich mir das vorgestellt habe, funktioniert das aber leider nicht. Anders als in echten Büchern kann man nicht wild zwischen die Zeilen kritzeln oder Strichmännchen zeichnen, sondern muss Textpassagen markieren, damit sich ein Fenster öffnet. In dieses Fenster kann man nun mit dem Stift hineinschreiben (das ist ein Vorteil im Vergleich zum langsamen Tippen auf den anderen Kindle-Modellen), aber das Fenster schließt sich halt wieder, und wenn man die Notiz sehen möchte, muss es immer wieder aufklappen.
Fehlendes Multitasking
Auch ist es reichlich unbequem, zwischen einem eBook und einem Notizblatt hin und her zu wechseln, um sich Notizen zu machen. Dafür ist das Gerät dann doch zu langsam und benötigt zu viele Arbeitsschritte. Das ist eindeutig ein großer Nachteil und lässt das Gerät im Vergleich zur klassischen Methode schwach aussehen.
Das fehlende Geräte-Cover
Der Scribe wird ohne ein Cover verkauft, wie es ja mittlerweile gang und gäbe ist für elektrische Geräte, aber nerven tut es dennoch. Der Stift hält sich zwar magnetisch an der Seite des Geräts fest, aber angesichts der Größe und des Gewichts ist es unangenehm, am Stift vorbei das Gerät festzuhalten. Ein Cover ist also dringend zu empfehlen, auch weil es den Stift sichert. Dieser kommt übrigens mit extra Spitzen, weil diese wohl öfters mal abbrechen? Mir ist das nicht passiert, deshalb kann ich auch nicht sagen, wie schwer oder leicht es ist, die Spitzen auszuwechseln. Mein Cover, das nicht von Amazon ist (das ist natürlich wie immer überteuert), hat ein kleines Behältnis an der Seite, wo man diese Extra-Spitzen aufbewahren kann.
Kein Notebook mit vollem Umfang
Wer wirklich richtig in die Sache einsteigen will, der wird vom begrenzen Leistungsumfang des Schribes enttäuscht sein. Der Bildschirm ist schwarz-weiß. Man kann keine Diagramme aus Vorlagen erstellen oder andere optisch ansprechenden Grafiken. Man kann nicht farblich markieren oder wahnsinnig hübsche Dokumente erstellen. Ich würde auch niemals auf den Gedanken kommen, längere handschriftliche Dokumente mit dem Scribe zu erstellen (das mag aber auch daran liegen, dass ich mich tippend wohler fühle und meine Gedanken schneller festhalten kann – der Scribe hat einfach kein echtes Keyboard).
Wofür ich ihn im Rahmen des Schreibenprozesses benutze
Für die Recherche
Trotz all der Nachteile hat der Scribe dennoch in meinem Arbeitsalltag einen angestammten Platz. PDFs, die ich auf meinen Scribe lade, lassen sich in den allermeisten Fällen (anders als eBooks) beschreiben. Zeilen können unterstrichen werden, Absätze mit Pfeilen versorgt, Fragezeichen an den Rand geschrieben werden. So kann man also richtig old-school Texte markieren und Notizen dazwischen kritzeln.
Brainstorming und Planen
Ich liebe es, einfach nur mit dem Gerät meinen Ideen freien Lauf zu lassen und meine Gedanken festzuhalten. Das Gefühl des handschriftlichen Schreibens auf der Oberfläche ist ein Quell der Freude für mich.
Perfekt zum Überarbeiten
Beim Korrekturlesen meiner eigenen Bücher, aber auch beim Studieren anderer Werke, schätze ich die Möglichkeit, schnell, bequem und sicher Textabschnitte zu markieren und auch Notizen dazu anzufertigen. Diese lasse ich mir auf dem Scribe im Anschluss in einer Liste anzeigen, um sie dann am Computer zu korrigieren. Das Hin- und Herrschaften zwischen Notizen/Anmerkungen und dem eigentlichen Text klappt schnell und problemlos.
Fazit
Braucht ein/e Autor/in einen Kindle Scribe, um glücklich zu werden? Ich denke, wer es gewohnt ist, mit üblichen Notizbüchern, Papierzetteln und ähnlichem zu arbeiten, der wird wenig Nutzen aus dem Scribe ziehen, besonders, wenn er die zusätzliche Lesefunktion nicht wirklich benötigt.
Als purer eReader ist der Scribe zu unhandlich. Ich persönlich finde es aber praktisch, alle meine Gedanken, Ideen und Informationen immer bei mir haben zu können. Es ist eine kleine Ergänzung zu meinem Arbeitsalltag geworden und hat meine Zettelwirtschaft zu 99% beseitigt. Dennoch bin ich froh, dass ich zum (privaten) Lesen noch einen kleineren Paperwhite habe, der auch in meine Handtasche passt.
Ein unerwarteter Bonus: Mittlerweile findet man auf Amazon eine ganze Reihe von Rätselheften für den Scribe. Jetzt kann ich unendlich viele Sudokus und Logikrätsel lösen, die sich auch alle wieder ausradieren lassen. Das hat zwar nichts mit Arbeit zu tun, aber eine Autorin will sich ja auch mal vergnügen.
Mich würde interessieren, welche Erfahrungen andere Nutzer des Kindle Scribes gemacht haben, oder welche Bedenken sie bezüglich der Anschaffung haben. Hinterlassen Sie doch einen Kommentar mit Ihren Gedanken!