Tschüss, Papyrus – Hallo, Scrivener

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Vor einigen Tagen ging ein Aufschrei durch die Welt der Autorinnen und Autoren: Das beliebte Schreibprogramm Papyrus hatte eine neue Version auf den Markt gebracht – und das zu einem saftigen Preis.

Was hat sich verändert?

Der Grundpreis für Papyrus 12 hat sich verdoppelt, und wer ein Upgrade von einer älteren Version durchführen möchte, muss fast so viel zahlen wie damals für die Vollversion. Das neue Papyrus ist besonders für AutorInnen interessant, die ihren Buchsatz selbst gestalten wollen. Für diejenigen, die bereits mit anderen Programmen arbeiten oder ihren Buchsatz auslagern, bieten sich jedoch kaum Vorteile.

Doch die Preiserhöhung war nicht der einzige Kritikpunkt: Die Entwickler stoppten den Verkauf der alten Version schon Wochen vor dem Launch, ohne Bestands- oder Neukunden über die geplante neue Version zu informieren. Als die ersten Nutzer in sozialen Medien Kritik äußerten – vor allem zur Preisgestaltung –, schien es, als würden Kommentare gelöscht und User blockiert.

Natürlich ist niemand gezwungen, die neue Version zu kaufen. Die alte Version funktioniert weiterhin einwandfrei und bietet viele hilfreiche Funktionen wie die Duden-Rechtschreibhilfe, eine Stilkontrolle und Charakterkarten.

Warum ich Papyrus den Rücken kehre

Für mich war die Ankündigung der neuen Version allerdings kein echter Schock – ich hatte mich schon vorher von Papyrus verabschiedet. Ein neues Projekt stand an, und ich wollte frischen Wind in meine Arbeitsprozesse bringen.

Papyrus bietet zwar viele Funktionen, aber das Programm wirkt schwerfällig und optisch wenig ansprechend. Einige Features, wie die Zeitleiste, finde ich in der Theorie gut, habe aber trotz Tutorials nie verstanden, wie ich sie effektiv nutzen kann. Die Charakterkarten sind für meine Zwecke zu starr und umfangreich, und das Reißbrett ist so umständlich zu bedienen, dass ich es nie wirklich verwendet habe.

Die klobige und nicht besonders sexy anmutende Ansicht bei Papyrus wurde wohl mit der neuen Version aufgefrischt, aber ich sehnte mich dennoch nach einer neuen, moderneren Arbeitsumgebung. Zu sehen: Das Manuskript von „Der Trug des Pilgers“

Die Alternative: Scrivener

Bei meiner Suche nach Alternativen stieß ich schnell auf Scrivener – ein Programm, das in vielerlei Hinsicht mit Papyrus vergleichbar ist, aber insgesamt leichter, flexibler und günstiger wirkt. Es kostet weniger als 100 Euro und bringt trotzdem eine beeindruckende Funktionsvielfalt mit.

Effizientes Arbeiten mit langen Texten

Scrivener ist speziell dafür gemacht, lange und komplexe Texte übersichtlich zu organisieren. Romane lassen sich in Teile, Kapitel und Szenen zerlegen, die flexibel sortiert und verschoben werden können. Die Ordnerstruktur auf der linken Seite erinnert an Papyrus, bietet aber deutlich mehr Flexibilität.

Besonders praktisch: Beim Export des Manuskripts kann man auswählen, welche Teile einbezogen werden sollen. So kann man zusätzliches Material wie Notizen oder Recherchetexte problemlos separat speichern.

Recherche und Organisation leicht gemacht

Scrivener erlaubt es, verschiedene Dokumente – von Figureninformationen über Bilder bis hin zu PDFs mit Recherchematerial – in einem Projekt zu speichern. Für mein neues Projekt habe ich bereits Fotos, Notizen und wichtige Texte in Scrivener abgelegt.

Ich bin begeistert davon, was deutlich lesbar alles auf einen Bildschirm passt. So kann man zum Beispiel ganz wunderbar die Sekundärliteratur studieren und sich nebenher auf der linken Seite Notizen machen. Man beachte zudem ganz links die Ordnerstruktur, wo Szenen, Hintergrundinfos und Recherchematerialien untereinander sitzen.

Papyrus bietet ähnliche Funktionen, doch die vorgegebenen Formulare wirken starr und wenig intuitiv. Scrivener hingegen erlaubt es, den Bildschirm aufzuteilen, sodass man gleichzeitig am Text arbeiten und Notizen oder Bilder einsehen kann. Diese Split-Screen-Funktion ist ein echter Game-Changer für meine Arbeitsweise.

Weitere Highlights von Scrivener

  • Karteikarten und Listenansicht: Die Textabschnitte können nicht nur in einer Ordnerstruktur, sondern auch als Karteikarten oder Listen mit Kurzzusammenfassungen angezeigt werden. Ideal, um Plots zu entwickeln oder Szenen zu verschieben.
  • Farbkodierung: Für mehrere Perspektiven (POVs) lassen sich Abschnitte farblich markieren und auf einer einfachen Zeitleiste darstellen – ein Feature, das Papyrus nicht bietet.
  • Flexibler Export: Scrivener unterstützt zahlreiche Formate wie eBooks, PDFs und Word-Dokumente, sodass der Export genauso individuell wie die Arbeit selbst gestaltet werden kann.
Noch sind die Karten mit den einzelnen Plotpunkten leer, aber die Kurzbeschreibungen werden dem Projekt bald Leben einhauchen. Diese lassen sich dann auch praktisch in Listenform anzeigen.

Was Scrivener (noch) nicht kann

Ein Punkt, den ich bei Papyrus besonders schätze, ist die Duden-Rechtschreibhilfe und die Stilkontrolle. Scrivener bietet zwar eine allgemeine Rechtschreibprüfung, aber keine spezielle Duden-Funktion. Auch eine farbcodierte Stilkontrolle gibt es nicht. Man kann jedoch kritische Wörter markieren lassen, was bei der Überarbeitung hilfreich sein kann.

Dies sind momentan die (begrenzten) Möglichkeiten bei Scrivener, hier am Beispiel eines Auszugs aus „Der Verrat der Kaufmannswitwe“

Mein Fazit: Aufbruch zu neuen Ufern

Scrivener bietet eine beeindruckende Flexibilität und passt sich hervorragend an individuelle Schreibprozesse an. Ich bin gespannt, wie sich mein neues Projekt in Scrivener entwickeln wird – der frische Wind tut meiner Arbeit jedenfalls gut.

Und ihr? Womit schreibt ihr aktuell?

1 Kommentar

Birgit Constant 13. Dezember 2024 - 9:29

Ich liebe Scrivener und benutze es schon seit Jahren. Anfangs hat mich die Oberfläche von Papyrus abgeschreckt, weil die auf meinem kleinen 13″-Laptop einfach unübersichtlich war. Ich habe immer wieder mit dem Programm geliebäugelt, weil Scrivener als amerikanische Software nun doch nicht alles bietet, was man sich als Autor in Deutschland wünscht, aber irgendwie konnte Papyrus mich trotzdem nie so richtig verleiten, mehr als die Testversion zu wollen. Der Preis hat ein Übriges dazu getan.
Mittlerweile suche ich nach einem Schreibprogramm, das ich auf all meinen Geräten ohne die Extralizenz und die umständliche Synchronisierung über Dropbox, wie das bei Scrivener meines Wissens immer noch läuft, nutzen kann. Bis ich eines gefunden habe, schreibe ich aber weiterhin mit Scrivener.

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