Schottland V

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Ja, ich weiß, ich habe von Skara Brae gesprochen, und jetzt kommt überhaupt kein Artikel über Skara Brae, sondern über den äußersten Nordwesten des britischen Festlandes. Nächstes Mal dann aber, versprochen.

Eigentlich war unser Plan gewesen, das Festland für einige Tage zu verlassen und über die Inseln im Norden zu tingeln. Orkney stand fest auf dem Plan, aber ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn es bis nach Shetland hoch gegangen wäre. Daraus wurde aber leider nichts, eben wegen besagtem Mangel an Unterkünften während der Hochsaison. Erschwerend hinzu kam, dass auf Orkney erst eine Woche zuvor ein Hotel ganz geschlossen worden war, weil ein Gast in den Aufzugschacht gefallen war. Autsch. Aber ganz ehrlich, glücklich geworden wären wir dort wahrscheinlich ohnehin nicht, so wie das klingt.

Thurso

Wir verließen also gezwungenermaßen unser kuschligen Forss House und zogen wenige Kilometer weiter in die nächstgrößere Stadt, nach Thurso. Thurso hat all den Charme, den man von einer Stadt erwarten kann,  die seit den 60er Jahren auf dem absteigenden Ast ist. In der Nähe gab es nämlich mal eine nukleare Aufbereitungsanlage des Militärs oder eine Art Teststation oder so. Die Leute waren da wohl nicht sehr glücklich drüber, aber wenigstens bescherte es ihnen dringend benötigte Arbeitsplätze. Nachdem das Werk nun aber zurückgebaut wird, geht es auch mit Thurso immer weiter bergab. Vielleicht habe ich mich deshalb dort so wohl gefühlt, immerhin komme ich ursprünglich aus dem Ruhrgebiet.

Unsere Bleibe war wieder ein Inn, diesmal über einem Pub gelegen und mitten im Zentrum. Das war praktisch, der Supermarkt war nebenan, und wir hatten sogar ein ruhiges Zimmer direkt unterm Dach, unser Wolkenkuckucksheim. Abends sind wir runter in den Pub, und da habe ich meinen Mann in die Freuden einer typisch englischen Jukebox eingeweiht. Er war sofort Feuer und Flamme und hat für mich meine liebsten Songs aus den 90ern raus gekramt. Ich glaube, die anderen Gäste haben ein wenig gelitten, aber selbst schuld, sie hätten ja schließlich auch ein paar Münzen in den Automaten werfen können.

Ein weiteres Highlight in Thurso ist eine der dortigen Kirchen samt Friedhof, die Old St. Peter’s Church. Anders als in Deutschland werden Gräber dort nämlich nicht aufgegeben, und ich liebe es einfach, die Inschriften zu lesen und mir vorzustellen, was für Leute das wohl damals gewesen waren. Zum Beispiel gab es dort einen Gedenkstein für einen gewissen Ebenezer Duncan, der auf der Insel Tobago als Chirurg arbeitete, bis er 1829 dort verstarb. Oder der Grabstein von Benjamin Davidson, der unglaublicherweise ein Veteran von Waterloo gewesen war. 

Wick

Mit einer solch angenehmen Basis war es uns ein Leichtes, die Umgebung genauer zu erkunden. Besonders gut gefallen hat mir das Örtchen Wick, das ein ganz hervorragendes Geschichtsmuseum hat. Nicht nur ist es in historischen Reihenhäusern inklusive einer Schmiede untergebracht. Es stehen dort auch noch allerhand originelle Maschinen und Gerätschaften herum. Außerdem verfügt das Museum über eine außergewöhnliche Sammlung von frühen Fotografien aus dem Archiv des lokalen Fotografen. Es ist schon faszinierend, in all diese Gesichter zu schauen. Wie sie es wohl damals fanden, in Wick zu leben? 

Was wir dabei auch erfuhren, war, dass Wick damals das Zentrum für die Heringsfischerei war. Die haben da zeitweise so viele Tonnen Fisch rausgeholt, dass ich mich wirklich wundern muss, dass keiner an Überfischung dachte. Und tatsächlich: Heute träumen die Leute nur noch von Heringen, die Bestände sind nämlich völlig aufgebraucht.

Interessant auch, dass der Schriftsteller Robert Louis Stevenson (Die Schatzinsel) seine Inspiration von den lokalen Fischersleuten nahm.

Whaligoe Steps

Landschaftlich hatte die Küste auch hier wieder einiges zu bieten, wenn auch ganz anders als die Ostseite Schottlands. Hier sind es vor allem steile Küsten mit wellenumtosten Felsformationen (stacks). Einheimische haben Stufen in den Felsen geschlagen, um von dort zu fischen. Eine berühmte Treppe sind die Whaligoe Steps, die bis zum heutigen Tag von den Nachbarn liebevoll gepflegt werden. Wir hatten super Wetter und haben die milde Luft und die sprühende See in vollen Zügen genossen.

Whaligoe liegt übrigens bei Ulbster, das ist bei Lybster. Ich weiß nicht wieso, aber uns hat das auf der Fahrt dorthin bei jedem Blick auf den Navi mächtig amüsiert.

Dunrobin Castle

Weil uns nichts besseres einfiel, sind wir dann noch ein Stück weiter die Küste runter, um ein Schloss zu besichtigen. Wir hatten noch nie zuvor von Dunrobin gehört, und bis heute frage ich mich, warum wohl. Das Schloss war einfach atemberaubend!

Es befindet sich immer noch in Privatbesitz, aber die Familie (des Duke of Sutherland) bewohnt jetzt einen anderen Flügel, sodass man sich als Besucher frei bewegen kann. Die Zimmer waren alle prachtvoll ausgestattet und furchtbar gemütlich, doch was ebenfalls beeindruckend war, das war der Garten. Wir hatten nicht mehr die Kraft, auch noch diese Hecken abzuschreiten, die Sie im Beitragsbild sehen können, aber von oben sah die Anlage wirklich toll aus, von allem mit dem glitzernden Meer dahinter. Umso erstaunlicher, dass Dunrobin Castle zwar eine Art Terrasse hat, aber keinen vernünftigen Zugang. Auch Balkone gibt es nicht. Da kann man mal sehen, wie schlecht das Wetter in Schottland normalerweise ist. Terrassen und Balkone lohnen nicht, ganz gleich, wie schön der Ausblick ist.

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