Ein Loblied auf das Papierbuch

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Diese Woche lese ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein „richtiges“ Buch. Damit meine ich ein Buch, das ich rein aus Vergnügen lese – nicht für die Recherche zu einer meiner Geschichten. Es fühlt sich seltsam an, denn normalerweise konsumiere ich Romane auf meinem Kindle. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Alles begann 2004, als wir beschlossen, mit Sack und Pack für zwei Jahre nach Australien zu ziehen. Der Arbeitgeber unterstützte uns zwar bei den Umzugskosten, aber es bleibt dennoch eine große Herausforderung, einen Überseecontainer zu organisieren. Deshalb wollten wir radikal ausmisten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade mein Studium abgeschlossen, unter anderem in Neuerer Deutscher Literaturwissenschaft, und stand nun brütend vor meinen vier Bücherregalen.

Schweren Herzens entschied ich mich, mich von 90 Prozent meiner Bücher zu trennen. Was blieb? Die Rebecca Gables, die Ken Folletts, ein Sidney Sheldon und andere Werke, die mich besonders bewegt hatten. Das waren immer noch gut zwei Umzugskartons voll. Der Rest ging für 100 Euro an ein Pärchen, das alles unbesehen aufkaufte.

Ich erinnere mich noch genau, wie ich am Fenster unserer Berliner Wohnung stand und beobachtete, wie die beiden fleißig mit Hilfe meines Mannes den Kofferraum ihres Autos beluden. Man konnte förmlich sehen, wie die Hinterachse durch das Gewicht der Bücher absank.

Damals dachte ich, es sei eine vernünftige Entscheidung – erst später realisierte ich, wie traumatisierend dieser Moment tatsächlich war.

Ehrlich gesagt war es dennoch die richtige Wahl. Das Apartment, das wir in Sydney fanden, war viel kleiner als unsere Wohnung in Berlin. Was mir an Bücherregalen fehlte, machte der abendliche Blick auf den Hafen mehr als wett – und die morgendliche Fahrt zur Arbeit in Begleitung von Delfinen erst recht.

Unsere Zeit in Australien verlängerte sich über die geplanten zwei Jahre hinaus. Ich meldete mich in der örtlichen Bücherei an und begann, australische Autoren zu lesen. Das half mir, mich besser zu integrieren und die Sprache zu lernen, doch Bücher waren für mich nur noch ein Zeitvertreib. Zu viele andere Dinge forderten meine Aufmerksamkeit: das Einleben in eine neue Kultur, die Karriere, später die Kinder.

Wenn ich Neuerscheinungen aus Deutschland wollte, musste ich sie mir für 20 Euro Versandkosten bestellen – ein Luxus, den ich mir selten gönnte. Und so verlernte ich nach und nach, regelmäßig zu lesen.

Erst nach unserer Rückkehr nach Deutschland fand ich wieder den Zugang zu meiner alten Liebe: Bücher. Doch meine Erfahrungen mit Umzügen über Kontinente hinweg hatten mich geprägt. Nie wieder wollte ich an einem Fenster stehen und zusehen, wie Fremde meine Geschichten-Schätze in einen Kofferraum laden. Nie wieder wollte ich so viel ansammeln, dass ein Umzug zur Mammutaufgabe wird.

Also bin ich dazu übergegangen, meine Bücher in digitaler Form zu kaufen. E-Books sind für mich ein Segen: Ich kann kaufen, ohne das Haus zu verlassen (auch wenn ich weiß, dass das den kleinen Buchhandlungen schadet – aber die führen meine Bücher oft gar nicht im Regal). Ich lese, wo und wann ich will – beim Zähneputzen, in der Dunkelheit oder in der Tram. Mein Kindle passt bequem in meine Handtasche, ich brauche keine Brille dank der einstellbaren Schriftgröße, und auf Reisen macht mir die Gepäckbegrenzung keine Sorgen.

Kurzum: Ich liebe mein Kindle.

Und doch hat es etwas Magisches, ein richtiges Buch in der Hand zu halten. Das Papier zu riechen, die Seiten zu fühlen, das beruhigende Geräusch des Umblätterns – es ist ein ganz besonderes Erlebnis. Beim Schmökern scheint die Zeit stillzustehen.

Was lese ich gerade? „Der König der letzten Tage“ von Pierre Barret und Jean-Noël Gurgand. Und zwar in genau der Ausgabe von 1993, die ich damals 2004 verkauft habe. Da das Buch längst vergriffen ist und nie digitalisiert wurde, musste ich auf ein modernes Antiquariat zurückgreifen.

Wie würde der Australier jetzt sagen? Life comes full circle.

Wie sieht es bei Ihnen aus – Sind Sie Team eBook oder Team Papierbuch?

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