Buchbesprechung: Unruly

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Wenn englische Könige zum Brüllen komisch werden

Meiner Meinung nach gibt es keine spannendere Geschichte des Mittelalters als die der englischen Königsfamilie. Ja, ich gebe es offen zu: Ich beneide Rebecca Gablé ein wenig darum, dass sie mit ihren Waringham-Romanen das Leben und Leiden dieser illustren Persönlichkeiten über Jahrhunderte hinweg literarisch zum Leben erweckt hat. Die Faszination für Englands Monarchen scheint jedenfalls nie abzureißen – auch bei mir nicht.

Neulich fiel mir wieder ein Buch in die Hände, das sich diesem Thema widmet. Nach dem großartigen Powers and Thrones von Dan Jones (übrigens ebenfalls sehr lesenswert) habe ich nun Unruly von David Mitchell gelesen. Und was soll ich sagen: Ich musste mehrfach laut lachen. Und Lachen ist in diesen Zeiten ja durchaus eine unterschätzte Disziplin, oder?

Die englische Geschichte bietet mit ihren Königinnen und Königen jedenfalls eine Steilvorlage für humorvolle Betrachtungen: Viele dieser Herrscher waren inkompetent, ruchlos, größenwahnsinnig – oder gleich alles auf einmal. Ihre Entscheidungen wirken aus heutiger Sicht oft haarsträubend, aber im mittelalterlichen Weltbild galten Monarchen als gottgegeben, weshalb ihre Autorität kaum infrage gestellt wurde. David Mitchell konfrontiert dieses Missverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit mit treffendem, manchmal bösem, aber immer intelligentem Humor – und zieht dabei nicht selten Parallelen zur Gegenwart, die seine Darstellung noch bissiger machen. Wer die britische Kinderserie Horrible Histories mag, wird sich hier gut aufgehoben fühlen.

Das Buch beginnt mit den Stammbäumen der königlichen Familien, von den ersten angelsächsischen Königen bis zu Elisabeth I., der letzten Tudor-Herrscherin. Danach – so Mitchell – sei es zwecklos, die Monarchie mit demselben Blickwinkel zu betrachten, da sich die Rolle des Königs durch äußere Umstände fundamental gewandelt habe.

Wichtig: Mitchell ist kein ausgebildeter Historiker, sondern ein Comedian, der sich tief in die Materie eingearbeitet hat. Genau das macht sein Buch so unterhaltsam und zugänglich. Die Kapitel widmen sich jeweils einem gekrönten Haupt, schildern dessen Erwartungen, Aufstieg, Fall und Nachwirkung – eingebettet in die entscheidenden politischen und persönlichen Wendepunkte der Zeit. Die Auswahl ist klug getroffen: Wichtige Ereignisse wie der Hundertjährige Krieg oder die Rosenkriege werden gestreift, aber nie zu detailliert ausgeschlachtet. Stattdessen stehen immer wieder die menschlichen Schwächen im Zentrum – und genau das macht das Ganze so komisch wie erkenntnisreich.

Leider ist Unruly bislang nicht ins Deutsche übersetzt worden. Doch keine Sorge: Die Sprache ist gut verständlich und erfordert kein tiefes Vorwissen über britische Kultur oder Geschichte, um den Witz und die Zusammenhänge zu erfassen.

Fazit:
Man kann noch so viel über Englands Mittelalter wissen – dieses Buch ist eine unterhaltsame und kluge Ergänzung zu jedem Sachbuchregal. Trotz seines lockeren Tons vermittelt es jede Menge Wissen, und die abschließende Analyse der dynastischen Zusammenhänge ist überraschend pointiert. Definitiv eine gute Wahl für alle Fans des englischen Mittelalters.
Schade nur, dass es solche Bücher nicht auch für die deutsche Geschichte gibt.

Autor: David Mitchell
Titel: Unruly
Verlag: Penguin, 2023 (englische Ausgabe)

P.S.: Dies ist keine Werbung, sondern eine persönliche Buchbesprechung. Ich habe das Buch selbstverständlich selbst gekauft und erhalte keine Bezahlung für meine Meinung.

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