Wo lebte Agnes Bernauer: Eine Spurensuche

Das Herzogtum Bayern war im 15. Jahrhundert unter den Wittelsbachern aufgeteilt, die ihre jeweiligen Teilherzogtümer quasi unabhängig voneinander regierten: München, Landshut und Ingolstadt. Zwischen den Herzögen bestand ein komplexes Geflecht aus gegenseitigen Rivalitäten und Bündnissen.

Bayern nach der Teilung 1392

Ein viertes Teilherzogtum war Straubing, das nach Aussterben der dortigen Linie (siehe mein Roman Der Schwur der Gräfin) unter den bestehenden Teilherzogtümern aufgeteilt wurde. Im Norden schließt sich die Oberpfalz an, die über Verschwägerung mit den Münchener Wittelsbachern verbandelt war.

Wo lebte Agnes Bernauer?

Zu den wichtigsten Schauplätzen der Agnes-Bernauer-Geschichte zählen die Stadt Augsburg, wo Agnes aufwuchs und mutmaßlich ihren Albrecht kennenlernte, die Residenzstadt von Albrechts Familie München, sowie das niederbayrische Straubing, wo Albrecht als Statthalter residierte. Des Weiteren wird angenommen, dass Agnes einige Zeit in Vohburg bei Ingolstadt lebte. In Landshut befand sich Albrecht, als er von Agnes‘ Verhaftung erfuhr.

Agnes Bernauer in Augsburg

Nicht viel ist bekannt über Agnes‘ Jugendzeit. Es wird jedoch vermutet, dass die Baderstube, in der sie gearbeitet hat, an der Adresse „Zwischen den Schachten“ zu finden war, unweit des Roten Tores. Turniere wurden damals auf dem zentralen Fronhof ausgerichtet; im Veranstaltungshaus der Patrizier, dem Geschlechterhaus, fanden begleitend Veranstaltungen statt.

Es ist nicht gesichert, wie und wo sich Albrecht und Agnes in Augsburg kennenlernten. In der Schönen Literatur geschieht dies mal in einer Baderstube, mal im Geschlechterhaus, mal verarztet sie ihn nach einem Sturz beim Turnier. Der Roman soll teilweise an diese Traditionen anknüpfen, erzählt aber eine ganz neue Version der Geschehnisse.

Agnes Bernauer in München

Es ist ungewiss, wann und wie Agnes an den Münchener Hof gelangte. Vielleicht holte Albrecht sie erst Jahre später nach dem ersten Kennenlernen hierher. Vielleicht wohnte sie zunächst in einem Stadthaus und nicht bei Hof. Die im Roman gewählte Version ist nur eine unter vielen möglichen.

Unbestritten ist jedoch, dass sie dort eine Zeit lang residierte. Es finden sich Erwähnungen ihres Namens in Münchener Archiven, besonders bezüglich der Episode um den Raubritter Münnhauser, aber auch in Verbindung mit Äußerungen durch ihre Schwägerin Beatrix, die sich ebenfalls viel in München aufhielt. Auch soll es Unruhen wegen Agnes in München gegeben haben, wegen derer es sogar Verhaftungen gegeben hat.

Agnes Bernauer in Straubing

Wer durch das moderne Straubing wandelt, trifft allerorten auf Zeugnisse und Erinnerungsstücke an Agnes‘ Existenz.

Da wäre zum einen das Herzogsschloss, heute malerisch an der Donau gelegen. Früher sah die Flusslandschaft noch ein wenig anders aus. Die Donau war verzweigter und lag weiter von der Stadt entfernt als heute. Mitten im Fluss lag eine Insel.

Neben dem Schloss befindet sich das Karmeliterkloster, in dessen Kreuzgang ein möglicher Begräbnisort der Agnes Bernauer vermutet wird (die Gebeine wären dann allerdings aufgrund von Bauarbeiten verschollen).

Die Agnes-Bernauer-Brücke ist heute eine moderne Autobrücke und lässt den romantischen Charme des Mittelalters sträflich vermissen. Allerdings behaupten die Quellen auch, dass Agnes von der äußeren Donaubrücke gestoßen wurde, das wäre also noch weiter von der Stadt entfernt.

Außerdem gibt es in Straubing den historischen Stadtturm mitten im Zentrum, der zur damaligen Zeit noch eine Baustelle war.

Der Friedhof von St. Peter ist angeblich die letzte Ruhestätte der Bernauerin. Die beschauliche Kapelle dort, von ihrem Schwiegervater Herzog Ernst in Auftrag gegeben, ist zweifellos einen Besuch wert.

Agnes Bernauer in Vohburg

Tür zum Verlies der Bernauerin in Vohburg.

Es ist nicht gesichert, wann und wie lange Agnes mit Albrecht in Vohburg weilte. Die Burg geht zurück auf eine Schenkung, die Albrecht noch zu deren Lebzeiten von seiner Mutter erhalten hatte (also ein wenig anders als im Roman erzählt, wo es eine Erbschaft ist).

Von der ursprünglichen Anlage ist nicht mehr viel zu sehen, aber man erhält auf dem weitläufigen Platz einen guten Eindruck von der Größe. In der Wehrmauer befindet sich eingelassen ein kleines Relikt aus der Zeit: Eine Turmnische mit Holzbank, in der Agnes angeblich eingesperrt war, um auf ihre Überführung nach Straubing zu warten. Ein Denkmal am Eingang der Anlage kündet von Agnes‘ Zeit dort.

Agnes Bernauer auf der Blutenburg

Die Blutenburg bei München war ein altes Jagdschloss, das Albrecht im Laufe der Jahre erstand, um hier mit seiner Geliebten fern des Münchener Hofs zu leben. Die bezaubernde Burg ist umgeben von Wasser und Wäldern und beherbergt heute eine Gastwirtschaft, ein Jugendbuchmuseum sowie eine Bücherei.

Nicht weit davon entfernt soll Albrecht für Agnes in dem Dorf Untermenzing ein Gehöft erstanden haben, vermutlich als Brautgabe. Ein hübsches Kunstwerk vor dem Eingang erinnert an das Liebespaar.

Agnes Bernauer in der Alten Veste (Alter Hof)

WikiCommons: Der Alte Hof in München, Radierung von 1869 von Carl August Lebschée

Die Münchener Herzoge residierten im 15. Jahrhundert in der Alten Veste, heute der Alte Hof. Das Stadtschloss befindet sich mitten im Zentrum der Stadt und besetzt einen ganzen Häuserblock, der zu allen Seiten von hohen Gebäuden umfasst ist.

Da die Lage aufgrund der immer wiederkehrenden Spannungen mit der Bürgerschaft den Herzögen zu prekär wurde, erbaute man zu jener Zeit gerade etwas außerhalb der Stadt die Neue Veste, die weitaus besser zu verteidigen war.

Wann Agnes am Münchener Hof lebte und in welcher Form oder Position, ist heute nur schwer zu rekonstruieren. Gelegentlich taucht ihr Name in Haushaltsabrechnungen, Ratsprotokollen und in städtischen Vermerken auf. 

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